Das Hirtenwort 2022 wurde traditionell am ersten Fastensonntag (6. März) in allen Gottesdiensten im Bistum Fulda verlesen. Bischof Gerber selbst hat es dabei direkt über der berühmten Krypta vorgetragen: Während der Vorabendmesse am Samstag in der Michaelskirche in Fulda – und dank einer Online-Übertragung auch live im Internet.
Die Kirchen sind aktuell aber auch und gerade Orte für das Gebet um Frieden und Freiheit: Der Krieg in der Ukraine, der Überfall Russlands auf sein Nachbarland, markiert eine Zeitenwende und kommt somit auch gleich zu Beginn des Hirtenwortes zur Sprache.
„Wir erleben eine existenzielle Bedrohung von Frieden und Freiheit auf unserem Kontinent und darüber hinaus“, betont Bischof Gerber. Nun komme es auf die Klugheit der politischen Verantwortungsträger ebenso an wie auf unser aller Bereitschaft, „um der Freiheit und des Friedens willen auch manche Einschränkung in Kauf zu nehmen.“
In seinem Hirtenwort nutzt Bischof Gerber die bewegte Geschichte und die besondere Architektur der Michaelskirche vor allem als Bild für die Situation der Kirche heute. Damit meint er wohl auch die Institution, zuallererst aber die Seelen der Menschen in der Kirche.
Wie Umbauten und vor allem Zerstörungen der Vergangenheit das Angesicht der Michaelskirche immer wieder geändert haben, so erschüttert der Zustand der Institution gerade einige Menschen, die viel Zeit und Energie in ihre Kirche investiert haben, berichtet Gerber: „Die Schilderung von sexualisierter Gewalt und der Rolle von Verantwortungsträgern führt viele in eine innere Zerreißprobe.“
Im Bild des Kirchenbaus ausgedrückt: Wenn einige ihrer Mauern einstürzen, dann legt sich Staub und Dreck über alle anderen Gebäudeteile und dringt auch in die letzten Ritzen ein. Es zerbricht etwas in den Seelen vieler Menschen und einige kehren ihrer Kirche den Rücken.
Was bleibt? Was gibt Hoffnung in diesen Tagen? Anregungen dazu findet Bischof Gerber wiederum in Architektur und Geschichte der kleinen Kirche, die direkt an das Bischofshaus grenzt und von dort durch verschiedene Türen zugänglich ist.
Eine dieser Türen, eine schwere Doppeltür in der dicken Mauer, führt direkt von seinem Büro im ersten Stock des Bischofshauses in den oberen Teil der Michaelskirche. Anschaulich beschreibt Gerber, wie er durch diese verschlossene Tür trotz baulichem Schallschutz an seinem Schreibtisch von Zeit zu Zeit – ganz leise, kaum vernehmbar – Töne aus der Michaelskirche wahrnimmt: Das rhythmische Beten des Rosenkranzes etwa, das Klingeln bei der Wandlung oder den Vers eines Taizé-Liedes.
Das entscheidende Bild findet Bischof Gerber aber zwei Stockwerke tiefer – in der Krypta mit der tragenden Säule im Untergeschoss: „Tief steht sie in der Erde“, veranschaulicht Gerber. „Sie ist inmitten der Zerstörungen erhalten geblieben über alle zwölf Jahrhunderte hinweg.“
Tief geerdet wie die Krypta beschreibt Bischof Gerber schließlich eigene Erfahrungen mit dem Glauben, die ihm niemand mehr nehmen kann. „Der eine Geist, der über die Jahrhunderte hinweg die Menschen in der Krypta der Michaelskirche inspiriert und die Krypta meines Herzens geformt hat, dieser Geist wirkt auch heute“, lautet sein tröstliches Fazit.
„Seien wir aufmerksam, wo dieser Geist unverhofft wirkt und uns mit der Krypta unseres Herzens in Berührung bringt“, so Gerber. „Trauen wir Gottes Geist, der sich seinen Weg bahnt durch Ritzen und verriegelte Türen. Trauen wir ihm als Fundament unserer Hoffnung und als Kraft zum Handeln.“
Zur Begleitung und Vertiefung des Hirtenwortes bietet das Bistum Fulda auf seiner Homepage über den Original-Text hinaus auch einen emotionalen Video-Film sowie eine von Bischof Gerber eingelesene Audio-Aufnahme und eine digitale Erzählung mit Textauszügen auf großflächigen Fotos.
Gelegenheit, sich ausgehend vom Hirtenwort und der Architektur der Michaelskirche mit existentiellen Fragen des persönlichen Glaubens auseinanderzusetzen, bieten zudem drei Abende mit digitalen Fastengesprächen. Alle Angebote und weitere Infos unter: fastenzeit.bistum-fulda.de
Mehr zum Thema;
Videofilm präsentiert Bischof Michael Gerbers Hirtenwort in neuer Weise
Ukraine-Krieg: Statement von Bischof Dr. Michael Gerber
14. März 2022 (Montag),19 Uhr bis 20:30 Uhr
Impulsgeber:
Simone Twents (Referentin für Pastorale Innovation, Fulda), Marcus Leitschuh (Mitglied im ZdK, Leiter des Bereichs Kultur in St. Elisabeth, Kassel)
Anmeldungen bitte per E-Mail an: fastengespraeche@bistum-fulda.de
Anmeldeschluss: 7. März 2022 (Montag)
31. März 2022 (Donnerstag),19 Uhr bis 20:30 Uhr
Impulsgeber:
Maike Sieben (Boston Consulting, Boston),
Joachim Hein (Vorsitzender des Kirchensteuerrats, Fulda)
Anmeldungen bitte per E-Mail an: fastengespraeche@bistum-fulda.de
Anmeldeschluss: 25. März (Freitag)
8. April 2022 (Freitag), 19 Uhr bis 20:30 Uhr
Impulsgeber:
Ute Ramb (Gemeindereferentin, Marburg), Petra Theißen (Schulamt, Amöneburg)
Anmeldungen bitte per E-Mail an: fastengespraeche@bistum-fulda.de
Anmeldeschluss: 4. April (Montag)
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